Umdenken dank Aufklärung

Mit einem gemeinsamen Ausflug nach Lauscha ist das viermonatige Projekt „Elternkurs – Family Talk“ der evangelischen Flüchtlingshilfe zu Ende gegangen.

Sonneberg – Ein Vierteljahr lang haben sich syrische und deutsche Familien regelmäßig in den Räumlichkeiten der evangelischen Flüchtlingshilfe in Sonneberg für das Projekt „Elternkurs – Family Talk“ getroffen, das Verständnis zwischen den Eltern verschiedener Nationalitäten und Kulturen zu fördern und zu stärken. Begleitet wurden sie dabei von Mitarbeiterinnen der Flüchtlingshilfe Franziska Schneider und Sylvia Möller, die das vom Bundesprogramm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderte und in Zusammenarbeit mit der Partnerschaft für Demokratie des Landkreises Sonneberg entstandene Projekt vorbereiteten, organisierten und entsprechend umsetzten. Unterstützt wurden sie dabei von dem syrischen Referenten Kim Hessi, der den Kurs auf Deutsch und Arabisch hielt, damit die Inhalte für alle Teilnehmer verständlich waren und so ein reger Austausch zwischen deutschen Familien und Flüchtlingsfamilien stattfinden konnte.
In den insgesamt elf Zusammenkünften lernten die syrischen Eltern viel über demokratische Prinzipien, über Wertesysteme des Westens, über die Rollenbilder von Mann und Frau sowie die eigene Handlungsfähigkeit angesichts aktueller Schwierigkeiten und Herausforderungen wiederzuerlangen und zu festigen. „Nur, wenn die Eltern eine Aufklärung erfahren und demokratische Prinzipien verinnerlichen, können sie diese an ihre Kinder weitergeben“, sagt Schneider. So sei es das Anliegen des Elternkurses gewesen, Veränderungen auf verschiedenen Ebenen auszulösen: bei den Eltern selbst, zwischen Eltern unterschiedlicher Nationalitäten, zwischen Eltern und Kindern und so letztlich auch zwischen Kindern gleicher und unterschiedlicher Nationalität.
Im Gegenzug hatten deutsche Familien die Gelegenheit, Andersartigkeit in der heutigen Zuwanderungsgesellschaft als Normalität zu begreifen, um so mögliche Ressentiments über Bord zu werfen. „An diesen Treffen haben stets syrische Flüchtlingseltern und deutsche Interessierte und Eltern sowie Vertreter der Schulen und des hiesigen Jugendamts teilgenommen“, erklärt Möller. Die syrischen Familien seien dabei immer dieselben gewesen, die im Vorfeld in Abstimmung mit dem Jugendamt Sonneberg ausgewählt wurden.
Auf dem umfangreichen Programm galt es viele Inhalte zu vermitteln: allgemeine Unterschiede zwischen den beiden Kulturen; Familienformen und Schulsysteme im Vergleich; Unterschiede zwischen den Erziehungssystemen; Familienfunktionen; das deutsche Grundgesetz, welches den Teilnehmern von Rechtsanwalt Sven Anders verständlich und fachmännisch nahegebracht wurde. „Besonders die syrischen Flüchtlingseltern haben den Kurs dankend angenommen und die Treffen nicht als Belehrung, sondern als hilfreiche Information für ein besseres Zusammenleben aufgefasst“, bestätigt Franziska Schneider.
Den Abschluss des Projekts bildete eine Busfahrt durch den Winterwald nach Lauscha in die Farbglashütte – rechtzeitig vor dem Weihnachtsfest. Mehr als 30 Menschen nahmen daran teil – mit und ohne Fluchthintergrund. Schon während der Reise leuchtete so manches Kinderauge beim Anblick der schneebedeckten Wälder, die im Sonnenlicht glitzerten.
In der Farbglashütte wurde die Reisegruppe bereits von Bettina Walter erwartet und herzlich begrüßt. Mit einem kleinen Film über die Glasproduktion in Lauscha und den Begründer der Farbglashütte – Elias Greiner Vetters Sohn – begann auch schon die Führung, bei der die Teilnehmer unter anderem beobachten konnten, wie Glasformen hergestellt werden. Auch den Quarzsand, aus dem das Glas maßgeblich hergestellt wird, betrachteten die Familien neugierig. Auf die Frage eines syrischen Jungen, wie denn genau die verschiedenen Farben des Glases zustande kommen, durfte Bettina Walter jedoch keine genauen Auskünfte geben, denn die Zusammensetzung ist nach wie vor ein streng gehütetes Geheimnis.
Im Anschluss an die Führung durch die Farbglashütte wartete das Highlight auf die Reisegruppe aus der Spielzeugstadt: Glaskugeln selber blasen. „Diese familienstärkende Maßnahme brachte Kinder und Eltern wieder ein Stückchen näher zusammen und ließ sie für einen Moment den Alltag und die schreckliche Fluchtvergangenheit vergessen“, berichten Möller und Schneider. Vor allem die Kinder hatten großen Spaß daran, die Farben ihrer eigenen Glaskugel auszuwählen und selbige anschließend mit viel Luft und Gefühl in Form zu blasen.
Mit einem gemütlichen Beisammensein bei Kaffee, Kuchen und Tee sowie Stöbern im Verkaufsraum ging der spannende Ausflug zu Ende. „Während der Heimfahrt schauten wir in glückliche und zufriedene Kinderaugen, die stolz ihre eigene Glaskugel betrachteten und bemerkten, dass dies wohl der schönste Tag in ihrem bisherigen Leben gewesen ist“, sagt Sylvia Möller. Im Namen aller Teilnehmer des Projektes „Elternkurs – Family Talk“ bedanken sich die beiden Mitarbeiterinnen der evangelischen Flüchtlingshilfe bei den Mitarbeitern der Farbglashütte Lauscha und der OVG Sonneberg, ohne deren Engagement und Herzlichkeit der Ausflug so nicht möglich gewesen wäre. Darüber hinaus sind die beiden dankbar für das Bundesprogramm „Demokratie leben!“, durch das der „Family Talk“ überhaupt erst ins Leben gerufen werden konnte.

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